1945 bis heute
1945
Kuhhorst wird zum Anlaufpunkt für viele Flüchtlinge aus Schlesien und Pommern, kurzzeitig steigt die Anwohnerzahl auf 465 Menschen. Fast jede Familie hat in dieser Zeit bis zu sechs Kinder. Es herrscht eine große Wohnungsnot. Die Menschen leben im verlassenen Gutshaus, auf Heuböden, in Ställen und in Scheunen.
1946
Eine Einheit der Sowjetarmee ist hier stationiert, dadurch gibt es einen kleinen Feldflughafen unweit des Dorfes.
Das Ackerland des Gutes wird mit der Bodenreform enteignet und hier in Kuhhorst besonders unter den zahlreichen Flüchtlingen aufgeteilt.
1947
Viele Neubauern besitzen zwar Land zwischen 6 und 10 Hektar, aber keine Höfe. Wie vielerorts in der damaligen Ostzone werden für die Neubauern Höfe gebaut – Wohn- und Produktionsstätte zugleich. Wegen der Lage im Luch und wegen knapper Baumaterialien entwickelt der Vorgänger der späteren Bauakademie der DDR Häuser in Leichtbauweise. Diese Fachwerkhäuser bestehen aus einem Wohnbereich im vorderen Teil und dem Stall im hinteren Bereich. Bäume für das Bauholz werden bei Bedarf im Wald gefällt und die Steine meist aus Ruinen gewonnen. Davon gibt es in Kuhhorst heute noch vier Häuser, die meist von zugezogenen Berlinern saniert und bezogenen wurden. In den fünfziger Jahren gebaute Bauernhäuser waren kleiner.
Im sogenannten Herrenhaus wohnen 1947 viele Familien, dort wird später eine Kneipe, einen Kindergarten und den Konsum eingerichtet.In der Dorfschule, die 1804 vom damaligen Besitzer des Gutes, Oberamtmann Sach, gestiftet wurde, lernen die zahlreichen Kinder des Dorfes in zwei Schichten – am Vormittag und am Nachmittag.
1952
Die erste Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft Typ 1 wird gegründet. Typ 1 bedeutet, dass nur das Land zusammengelegt wird. Nur vier Neubauern beteiligen sich. Im Dorf gibt es nur wenig befestigte Straßen. Die Pferdegespanne und Traktoren müssen sich oft durch Morast kämpfen, um zu den Ställen und Scheunen zu gelangen.
1960
Und schon einige Jahre davor werden die noch existierenden Einzelbauern mit Nachdruck aufgefordert, in die Genossenschaft einzutreten. Einige verweigern sich und flüchten über die Sektorengrenze nach Westberlin. Allen anderen noch anwesenden Bauern in Kuhhorst treten in die schon bestehende LPG „Einheit“, Typ 3, ein. Das bedeute, dass nun Vieh, Maschinen und Gebäude genossenschaftliches Eigentum sind.
1970
Die LPG Kuhhorst wird der Friedenhorster Genossenschaft zugeordnet. Die Kinder des Dorfes fahren jeden Tag nach Friedenhorst (heute wieder Königshorst) in die Schule.
1980
Das verfallene Gutshaus, im Dorf oftmals Schloss genannt, wird endgültig wegen Baufälligkeit abgerissen. Manch Eigenheim- und Garagenbauer versorgen sich dort mit begehrtem Baumaterial. Der Gutspark, einst mit ausgewählten Bäumen, Sträuchern und Wegen angelegt, verwildert zunehmend. Erst 2021 kann er rekultiviert werden.
1990
Die Wende wird in Kuhhorst erst einmal völlig unaufgeregt zur Kenntnis genommen. Erst als die LPG in Friedenshorst (jetzt wieder Königshorst) aufgelöst wird, umliegende Betriebe geschlossen werden und viele Kuhhorster ihren Arbeitsplatz verlieren, wird das Ausmaß der Veränderung deutlich. Der Anteil der Arbeitslosen an der arbeitsfähigen Bevölkerung ist sehr groß. Zu dieser Zeit leben ungefähr 88 Menschen in dem kleinen Dorf, das einstmals als Vorwerk von Königshorst gegründet wurde.
1991
Es kommt wieder Leben ins Dorf. Das Mosaik e.V. aus Berlin will auf dem ehemaligen LPG-Hof ökologische Landwirtschaft betreiben. Und das mit einem großen sozialen Anliegen. Behinderte Menschen sollen hier arbeiten und leben. Es entsteht eine Wohnvorbereitungsgruppe mit Menschen mit Behinderungen. Die Beteiligten sollen zukünftig in zwei Wohnheimen in Kuhhorst leben.
Auf dem Gelände des ehemaligen Schlosses wird das Hauptwohnhaus für 16 Personen geplant. Ein weiteres Wohngebäude für 8 Personen entsteht nebenan. Mittlerweile sind die modernen Einrichtungen voll belegt und die Bewohner sind fester und anerkannter Bestandteil der Dorfbevölkerung geworden. Die Grundrisse des ehemaligen Gutshofes wurden beim Bau des Wohnhauses und der Werkstattgebäude erhalten. Die rechte Seite wurde bis auf den Kopfbau abgerissen und auf dem gleichen Grundriss ein modernes Funktions- und Produktionsgebäude errichtet. Enthalten ist unter anderen ein Hofladen mit Ökoprodukten aus eigener Produktion und anderer Ökoanbieter, eine Molkerei (zurzeit stillgelegt) und eine Nudelproduktion. Zum Hofgeviert gehört weiter ein Schweinestall und eine Getreidetrocknungsanlage. Etwas abgelegener steht ein moderner Rinderoffenstall, ein Gänsestall mit großer Gänsewiese und ein Geflügelschlachthaus, in dem jedes Jahr 600 Gänse und 400 Enten für das Weihnachtsfest vorbereitet werden. Der Ökohof Kuhhorst ist zum zentralen Teil des Ortes geworden.
1996
Der Dorfkrug wird eröffnet. Vormals gab es in Kuhhorst gleich neben den nicht mehr existierenden Konsum die Horstenklause. Sie war mehr ein Ort des scharfen Trinkens als ein Treff der Bewohner. An gleicher Stelle wurde nun der Dorfkrug in Regie von Mosaik eröffnet. Der Raum, in dem 40 Personen Platz finden, wurde vom ortsansässigen Schnitzer Bernd Müller gestaltet, dessen Werkstatt ein paar Meter weiter zu finden ist. Ein alljährlicher Höhepunkt ist das St.-Martinsgans Essen mit Tieren aus eigner ökologischer Haltung.
Neben der Gaststätte findet sich ein Saal für 70 Personen, den die Kuhhorster auch zu großen Familienfeiern oder zu anderen Zusammenkünften nutzen können. Wochentags essen hier die Behinderten und Ihre Betreuer Mittag. Über der Gaststätte können 20 Besucher der Region in sieben Pensionszimmern übernachten.
2002
Mit der Gemeindereform gehört Kuhhorst als Ortsteil von Deutschhof (seit 1928) zur Gemeinde Fehrbellin. Für die Bevölkerung ist es nun schwerer Behördengänge zu erledigen. Einiges kann in Fehrbellin, anderes muss nun in Neuruppin erledigt werden. Das ist sehr schwierig, weil außer Schulbussen keine regelmäßige Busverbindung mehr besteht. Statt des ehemals hauptamtlichen Bürgermeisters gibt es nun einen ehrenamtlichen Ortsbürgermeister in Deutschhof.
2004
Der Dorfverein Ländliches Kuhhorst wird gegründet. Der Zusammenschluss ist mittlerweile eine Sache des gesamten Dorfes geworden. Der im Statut festgeschrieben Zweck hat sich bewährt: Die Förderung der Heimatverbundenheit, die Förderung ländlicher Traditionen, die Veranstaltung traditioneller Feste, die Integration behinderter Menschen, Freizeitangebote, Kulturangebote und die Förderung des Tourismus in Kuhhorst. Nach zehnjährigem Bestehen prägte der Kulturverein mit seinen Veranstaltungen das Leben in der Gemeinde: Osterfeuer, gemeinsames Brotbacken im Dorfbackofen zu Weihnachten und ein jährliches Dorffest. Mittlerweile fanden 8 Hofkonzerte statt – von russischer Balalaika bis Barock. Auch Workshops zum Sense dengeln, Korb flechten, Obstbäume schneiden oder sogar Tango tanzen gehören zum Angebot.
2006
Am 17. September fand in Kuhhorst das zentrale Erntedankfest der Gemeinde Fehrbellin mit seinen 18 Ortsteilen statt. Es war ein großer Tag für das kleine Dorf. Aus jedem Ortsteil fuhren Erntedankwagen, gezogen von Pferden oder Traktoren oder Menschen über die Dorfstraße. Die Organisatoren Mosaik e.V., Ortsbeirat Deutschhof, Kulturverein „Ländliches Kuhhorst“ und Amt Fehrbellin verbuchten einen großen Erfolg. Der Ökohof, der Dorfkrug und das gesamte Dorf waren voller Menschen, die größte Wiese an der Landstraße wurde zum Großraumparkplatz.
2014
Eröffnung der Bauerngolfbahn – ein Erlebnis für die ganze Familie. Gespielt wird es in Abwandlung zum richtigen Golf nicht mit einer teuren Ausrüstung, sondern mit Softball und Krückstock. Die Löcher oder Hols, wie der Golfer sagt sind eingelassene Eimer. Die Strecke führt an den Sehenswürdigkeiten eines kleinen funktionierenden Dorfes vorbei: Wohnheim, Hofladen, Gänsestall, Kuhstall, Schweinestall, Gärtnerei usw. Wer mit den wenigsten Schlägen die Strecke bewältigt, ist Sieger, und er ist Kenner von Kuhhorst geworden.
2021
Nach einjähriger, coronabedingter Zwangspause fand wieder das traditionelle Erntedankfest statt. An diesem Tag wurde der etwa 2,2 Hektar große Gutspark, der direkt an das Dorf angrenzt, aus seinem Dornröschenschlaf geweckt. Die alten Strukturen sind heute zwar nicht mehr erkennbar, dafür ist dank neuer Wege ein entspannter Spaziergang durch einen verwunschen anmutenden Wald möglich. Hier laden gemütliche Holzbänke zum Verweilen und Träumen ein.
Auch der Dorfplatz wurde neu gestaltet. Die dort zu DDR-Zeiten gebauten Garagen wurden abgerissen. Es entstand ein Treffpunkt für alle mit Boule-Bahn, Basketballkorb, Schaukel und Grillplatz. Die Schönheitskur für beide Areale hat 250.000 Euro gekostet. 200.000 Euro davon spendierte die Europäische Union als Leader-Fördermittel.